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NMS-Evaluation: Stellungnahmen von SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen

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In den letzten Tagen haben uns etliche Schreiben von Eltern erreicht, eine Klasse hat spontan von sich aus entschieden, Leserbriefe zu schreiben, und Kolleginnen und Kollegen haben mir erzählt, wie es ihnen geht. Letztere habe ich gebeten, ihre Gedanken niederzuschreiben.

Im Folgenden veröffentlichen wir hier eine kleine Auswahl von Meinungen unserer SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen, wie sie unsere Schule als Neue Mittelschule sehen und erleben.

 

 

Leserbrief einer Schülerin vom 17. März 2015:

„Als Schülerin der MMS Henndorf habe ich bereits sehr viel Positives erlebt. Zum Beispiel habe ich die Erfahrung gemacht, dass Teamteaching … für uns SchülerInnen ein großer Vorteil ist. Dadurch haben LehrerInnen viel mehr Zeit für einzelne SchülerInnen und können Leistungsschwächeren dadurch besser unter die Arme greifen. Bessere SchülerInnen lernen auch, den anderen etwas zu erklären und dadurch ihre Kenntnisse noch zu verbessern.Ein weiterer großer Vorteil ist der Unterricht ohne Leistungsgruppen. Ich könnte mir nicht vorstellen, in allen Hauptfächern durch Leistungseinstufungen keinen Unterricht mit meinen KlassenkameradInnen zu haben. Meiner Meinung nach fühlen sich die einzelnen SchülerInnen durch gemeinsames Lernen wohler und müssen nicht befürchten, in niedrigere Leistungsgruppen abgestuft zu werden.

Ich finde, man sollte der Neuen Mittelschule … eine Chance und ein bisschen mehr Zeit geben, das System hat sich bewährt und wird sich noch besser bewähren.“

 

Leserbrief einer Schülerin vom 19. März 2015:

„… als Schülerin der MMS Henndorf habe ich mit großem Interesse, allerdings auch mit Entsetzen, die Artikel „Neue Mittelschule fällt durch: Geringe Chancengleichheit“ und „Neue Mittelschule braucht mehr Zeit“ in den Salzburger Nachrichten gelesen. …

Ich denke aber, dass man mit nur einer Erhebung nicht gleich behaupten kann, dass generell alle Mittelschulen schlecht seien. Natürlich könnte man meinen, dass mehrere Jahre lang genug seien, um deutliche Verbesserungen zu sehen, aber die paar Jahre sind nicht viel und ich glaube, man bräuchte viel mehr Zeit, damit man sich umstellen kann und positive Veränderungen zu sehen sind.

In dem Artikel werden weniger Gewalt und mehr Wohlbefinden als Verbesserung angeführt, allerdings sehe ich als Schülerin weitaus mehr Vorteile. Zum Beispiel stehen einem in allen Hauptfächern zwei Lehrer zur Verfügung, was bedeutet, dass man viel mehr Aufmerksamkeit bekommt und der Unterricht vielfältig abläuft – je nachdem, welcher Lehrer unterrichtet. …

Bevor ihr die Neue Mittelschule als schlecht abstempelt, informiert euch bei den Schulen selbst oder bei Lehrerinnen und Lehrern oder bei Schülern und orientiert euch nicht zu sehr an Evaluierungsergebnissen.“

 

Mail einer Mutter vom 16. März 2015:

„Ich bin mit dem Konzept der neuen Mittelschule vertraut und mit der Umsetzung an der MMS Henndorf meistens sehr zufrieden. … Meine Tochter erzählt immer wieder von verständnisvollen, engagierten Lehrer/innen, die besonders gut zuhören und helfen können. Das ist nämlich oft, was am Meisten gebraucht wird. Persönlichkeitsbildung neben Schulbildung, ich bin als Mutter sehr dankbar zu wissen, dass mein Kind bei euch gut aufgehoben ist.

Danke für den unermüdlichen Einsatz und gegen den Strom schwimmen. Never give up, steter Tropfen höhlt den Stein!“

 

Mail einer Mutter vom 16. März 2015:

„… mit Erstaunen habe ich von der schlechten Kritik für das Konzept der Neuen Mittelschule gehört bzw. gelesen. …
Natürlich kann ich nur für mich bzw. mein Kind sprechen. Wir sind begeistert vom Konzept der Neuen Mittelschule besser gesagt von Ihrer Schule und dem LehrerInnenteam in Henndorf. Jede Schule bzw. jedes Schulsystem steht und fällt mit der Leitung und dem LehrerInnenteam. Wenn in einer Schule wenig engagierte, motivierte und starke LehrerInnen arbeiten, ist es egal, welches System (antiquiertes Klassensystem – ich persönlich finde Leistungsgruppen widerlich) angewandt wird – es werden weder tolle Leistungen erzielt werden, noch werden zufriedene, ausgeglichene Schüler aus der Schule ins Leben entlassen. …
Wir sind in jedem Jahr in unserer Entscheidung für die NMS-Henndorf bestätigt worden. Wir dürfen voller Freude und Dankbarkeit feststellen, dass unser Kind nicht nur unterrichtet, sondern gefordert und gelehrt wurde. … Jedes Kind in der Klasse wurde als Individuum erkannt, in seinen Stärken bestätigt und bei seinen Schwächen unterstützend gewirkt.
Ich wünsche Ihnen und dem LehrerInnenteam für Ihre weitere Arbeit viel ausgesprochene Bestätigung durch Schüler und Eltern, viel Ausdauer, Kraft und Sanftmut, Offenheit und Selbstsicherheit.“

 

Schreiben einer Lehrerin vom 18. März 2015:

Noch nie wurde so viel über Didaktik und Pädagogik bei uns im Kollegium diskutiert und nachgedacht wie seit der Einführung der NMS. Und ich frage mich, ob das nicht wirklich positiv zu beurteilen ist! …

Die Berichterstattung über die NMS schmerzt wirklich, da ich einerseits als eine Lehrperson aus Leidenschaft immer das Wohl der mir anvertrauten SchülerInnen im Auge behalte und dafür viel Zeit, Energie und Arbeit investiere. Und andererseits erscheinen durch die Negativmeldungen die Bemühungen von uns LehrerInnen um die Verwirklichung einer erfolgreichen Lehr- und Lernkultur an unserer NMS geringgeschätzt. …

Um die Herausforderung der heterogenen Lerngruppen zu meistern, bemühen wir LehrerInnen an der MMS Henndorf uns immer wieder sehr, mittels alternativer Lern- und Lehrformen den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden. Wobei diese Arbeit natürlich noch immer einem Prozess unterworfen ist, der ständig weiterentwickelt werden muss. …

Das Verbleiben der SchülerInnen im Klassenverband hat eine unheimliche Unruhe, die der Unterricht in der Leistungsgruppe mit sich brachte, abgeschafft und auch die Chance, eine gute und lernförderliche Klassengemeinschaft zu entwickeln, erhöht. Dass sich das emotionale Befinden der Jugendlichen an der NMS verbessert hat, ist ja auch erwiesenermaßen ein Ergebnis der Studie zur Evaluation der NMS.

Von unschätzbarem Wert ist für mich der Unterricht im Team. Einerseits haben wir im Team doch die Möglichkeit, im Unterricht noch intensiver auf einzelne Bedürfnisse einzugehen, andererseits ist das ehrliche Gespräch mit dem/der TeamkollegIn eine Quelle ständigen Erfahrungsaustausches und gegenseitiger Evaluation, was im Unterricht unseren SchülerInnen sehr zugute kommt.

Der positiven Entwicklung eines neuen Schultyps muss Zeit gegeben werden. Und sie benötigt auch Vertrauen in uns. Wie sagt schon Harnack: „Nichts kann den Menschen mehr stärken als das Vertrauen, das man ihm entgegenbringt.“

Ich lasse mir die Freude an der verantwortungsvollen, wunderbaren und natürlich auch zeitweise anstrengenden Arbeit mit unseren Jugendlichen durch eine wiederkehrende Negativdiskussion nicht nehmen und hoffe sehr, dass dies auch meinen KollegInnen gelingt...

 

Schreiben eines Lehrers vom 19. März 2015:

… Seit ich an einer Neuen Mittelschule unterrichte, bin ich Teil eines Schulsystems, welches ich mir als Schüler niemals hätte zu träumen gewagt, insgeheim aber wohl oft gewünscht habe.  

Im Grunde – dachte ich bis vor kurzem – ist es mir egal, für welches System ich arbeite. Ich mache es, weil ich es liebe zu unterrichten.

Die Wahrheit ist allerdings, dass ich stolz darauf bin, Lehrer einer „Neuen Mittelschule“ zu sein.

Warum?  

Hier erlebe ich tagtäglich Engagement, Einsatz und Offenheit. Hier arbeite ich mit Menschen, die ihr Bestes geben, um den Kindern eine Zukunft zu ermöglichen, die wir selber noch nicht hatten.

Meinem Dafürhalten nach ermöglicht dieses neue System probate Einsichten zum längst überfälligen offenen Zugang zu Bildung, zu deren Qualitätssicherung und Transparenz; darüber hinaus fordert und fördert es die urmenschliche Eigenschaft der Kooperation.

Für Evaluierungen – wie sie für parallel existierende Schulsysteme noch nicht stattgefunden haben – ist es meinem Dafürhalten nach zu früh. Die NMS muss sich weiter entwickeln können; abgesehen davon – die Medienberichte tun dem positiven Wandel, der im Moment geschieht, keinen nennenswerten Abbruch.

 

Statement eines Lehrers vom 23. März:

Als Lehrer mit fast 30 Jahren Diensterfahrung ist die Einführung und das Konzept der Neuen Mittelschule wohl die mit Abstand bedeutendste inhaltliche, als auch pädagogische Reform meines langen und erfahrungsreichen Lehrerlebens. Nicht die Entwürfe und Vorgaben in der Theorie, sondern schon das gesamte Tun im veränderten Schulalltag lassen die Dimension dieser Umstellung erspüren.

Im Team unterrichten, täglich mit KollegInnen zu sprechen, zu planen, zu reflektieren, gemeinsam und gegenseitig zu lernen, mehr Zeit für Schülerbeobachtung und individuellere Betreuung für die Kinder zu haben, sich Gedanken über ein neues Beurteilungssystem – unterteilt in grundlegende und vertiefte Allgemeinbildung – zu machen, als auch weg von Noten und Ziffern hin zu einer Kompetenzmessung, rückwärtsdenkende Lehrstoffplanung und Unterrichtsgestaltung mit dem Kerngedanken für das Leben zu lernen, sind nun Alltag einer jeden Lehrkraft.

Dass die den gesamten Vorgaben entsprechende Umsetzung aufgrund der überbordenden und immer komplexeren Anforderungen an die Schule Jahre bzw. Jahrzehnte brauchen wird, ist selbstverständlich. Schließlich ist das traditionelle Bild der Schule und des Lehrers auch in nahezu hundert Jahren gewachsen. Erst die nächsten Lehrergenerationen mit einer gemeinsamen, modernisierten Lehrerausbildung werden diese Schulreform vollständig umsetzen können.

In Zeiten von allgemein sinkenden Schülerzahlen, den damit umso stärkeren Auswirkungen auf die Pflichtschulen aufgrund der Schülerabwanderung und mit den riesigen Problemen mancher Schulstandorte, sprich „Brennpunktschulen“, ist es naiv, in Statistiken kurzfristig messbare Steigerungen im abprüfbaren Wissen zu erwarten. Bei richtiger Betrachtung der auf unserer Homepage dargestellten Evaluierung sind schon viele positive, grundsteinlegende Erkenntnisse und auch Entwicklungen herauszulesen.

Das Konzept der Neuen Mittelschule ist für eine heterogene Gruppe ausgelegt. Der Glaube an die gemeinsame Schule und die damit verbundene Chancengleichheit aller jungen Menschen ist daher unerlässlich. Die Einführung wird wohl noch Jahre und so manche Legislaturperiode unserer uneinigen politischen Führung brauchen.

Die Reform wurde im Eilzugstempo durchgeboxt, einige Jahre Schulversuch, auch in mancher AHS Unterstufe, hätten dem neuen Mittelschulgedanken gut getan. Aber nichts desto trotz – das pädagogische Bildungskonzept und der Reformgedanke sind gottlob nicht mehr aufhaltbar.

Ich bin sehr stolz, diese Schulform bei ihren ersten Gehversuchen begleiten zu dürfen. Ich freue mich, die ersten Schritte schon gemacht zu haben, auch wenn ich weiß, dass der Weg noch ein sehr weiter ist!